Als Golfstrom bezeichnet man eine Meeresströmung im Atlantik, die als Teil des globalen Förderbandes der Erde das Klima in Nord- und Westeuropa entscheidend beeinflusst.
Das globale Förderband
In der unten abgebildeten Weltkarte ist die kanadische Stad Forestville und die in Deutschland liegende Stadt Karlsruhe eingezeichnet. Da beide Städte auf demselben Breitengrad liegen (ca. 49° Nord), sollte man meinen, dass die klimatischen Unterschiede nicht sonderlich gravierend sein dürften.
Das Klimadiagramm zeigt für die beiden Städte jedoch deutliche Unterschiede. Dort zu sehen sind die durchschnittlichen Tagestemperatur über das Jahr verteilt. Man erkennt, dass Karlsruhe deutlich höhere Durchschnittstemperaturen aufweist als Forestville. Während die Tagestemperatur im Jahresdurchschnitt für Karlsruhe bei 15,0 °C liegt, besitzt die kanadische Stadt eine mittlere Tagestemperatur von nur 7,2 °C.
Ursache für diesen klimatischen Unterschied findet sich unter anderem in den globalen Meeresströmungen wieder. Diese ozeanischen Strömungen durchziehen die gesamten fünf Ozeane als sogenanntes globales Förderband. Mit diesem globalen Förderband werden riesige Energiemengen an Wärme transportiert und ist für ein stabiles Klima auf der gesamten Erde unerlässlich (siehe hierzu auch den Artikel Wärmetransport durch Wärmeströmung (Konvektion)).
Der Golfstrom
Das Klima in Nord- und Westeuropa steht hauptsächlich unter dem Einfluss des sogenannten Golfstroms, der Teil dieses globalen Wasserkreislaufes ist. Der Golfstrom fördert über seine warme Meeresströmung rund 1,5 Milliarden Megawatt an thermischer Energie. Dies entspricht einem Wärmeumsatz von mehr als einer halben Millionen Kohlekraftwerken. Ohne diesen Wärmetransport wäre das Klima in Nord- und Westeuropa deutlich kühler, wie auch der klimatische Vergleich der Städte Forestville und Karlsruhe zeigt.
Das globale Förderband wird unter anderem durch Temperaturunterschiede in den verschiedenen Meeresregionen angetrieben. So kühlt das Wasser im Nordatlantik vor den Küsten Europas und Grönlands ab. Aufgrund der damit verbundenen Dichtezunahme des abgekühlten Wassers wird dieses schwerer und sinkt in Richtung Meeresgrund. Verstärkt wird dieses Absinken auch durch Verdunstungsprozesse an der Oberfläche. Hierdurch steigt der Salzgehalt an der Meeresoberfläche, was ebenfalls zu einer Dichtezunahme und damit zu einem vertikalen Abströmen der Wassermassen führt.
Solche Dichteunterschiede, die auf Temperatur- und Salzgehaltunterschiede zurückzuführen sind, stellen letztlich den Antrieb für das globale Förderband dar. Aus diesem Grund wird das globale Förderband auch als thermohaline Zirkulation bezeichnet. Der Begriff thermohaline setzt sich aus dem Wort thermo (griechisch für „Wärme“) und aus dem Wort haline (griechisch für „Salz“) zusammen.
Das im Nordatlantik abströmende kalte und salzarme Wasser strömt nahe des Meeresgrundes in bis zu 4 km Tiefe in Richtung Süden. Schließlich trifft diese Tiefenströmung im Südpolarmeer auf die kalte antarktische Strömung und wird dort dann nach Osten in Richtung Indischer Ozean abgelenkt.
Im südlichen Bereich rund um das Südpolarmeer treffen die Wassermassen des Atlantischen, Indischen und des Pazifischen Ozeans aufeinander. Das Wasser beginnt sich zu Durchmischen und steigt an die Oberfläche. Während ein Teil dieser Oberflächenströmung weiter nach Osten in Richtung Pazifischer Ozean und anschließend nach Norden zieht, strömt ein anderer Teil direkt nach Norden in den Indischen Ozean. Die Meeresströmungen gelangen schließlich in den Bereich des Äquators und werden dort entsprechend erwärmt.
Die erwärmte Meeresströmung des Pazifischen Ozeans strömt zwischen Asien und Australien in den Indischen Ozean. Dort vereinigt er sich wieder in Richtung Westen strömend mit den erwärmten Wassermassen des Indischen Ozeans. Über die Meeresregion um Südafrika herum gelangen die warmen Oberflächenströmungen schließlich wieder zurück in den Atlantischen Ozean und von dort aus in den Golf von Mexiko.
Aufgrund der Nähe zum Äquator und der günstigen Lage durch die Landgrenze erwärmt sich das Wasser im Golf von Mexiko sehr stark. Wassertemperaturen von bis zu 30 °C im Sommer sind für den Golf von Mexiko nicht unüblich. Im Vergleich hierzu beträgt die Wassertemperatur der Ostsee hingegen nicht über 20 °C. Die untere Wärmebildaufnahme zeigt qualitativ die Temperaturverteilung in der Region rund um den Golf von Mexiko.
Zwischen Kuba und Florida gelangt die warme Meeresströmung (auch Floridastrom genannt) mit einer Strömungsgeschwindigkeit von bis zu 2 m/s (!) zurück in den Atlantik. Dort wird die Meeresströmung zusammen mit dem in Richtung Norden fließenden Antillenstrom nun als eigentlicher Golfstrom bezeichnet.
Der vom Nordpolarmeer kommende kalte Labradorstrom trifft auf der Höhe von Neufundland auf den warmen Golfstrom und lenkt diesen zusammen mit den Passatwinden nach Westen in Richtung Europa ab (auch die Corioliskraft spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle). Dort wird die warme Meeresströmung nun Nordatlantikstrom genannt. Beachte, dass häufig das gesamte nordatlantische Strömungsband einschließlich Florida- und Nordatlantikstrom als Golfstrom bezeichnet wird, auch wenn dies strenggenommen nicht richtig ist.
Schließlich gelangt also die im Golf von Mexiko getankte Wärme über den warmen Golfstrom nach Nord- und Westeuropa und sorgt so für ein relativ warmes Klima. Der Wasserkreislauf kann nun von Neuem beginnen. Im übertragenen Sinne entspricht der Golfstrom einer „Warmwasserheizung“ für Europa, deren Wärmequelle im Golf von Mexiko liegt.
Auswirkungen des Klimawandels auf den Golfstrom
Dank des warmen Klimas durch den Golfstrom wachsen bspw. an der Südwestküste Irlands sogar Palmen und andere Gewächse, die in solchen nördlichen Regionen normalerweise nicht gedeihen würden. Das Versiegen des Golfstroms – wie es von einigen Wissenschaftlern für die ferne Zukunft prognostiziert wird und in dem Film „The Day After Tomorrow“ dramatisiert dargestellt wurde – hätte demnach dramatische Folgen für das Klima in Europa.
Dabei spielt vor allem der Klimawandel eine entscheidende Rolle, so einige Wissenschaftler. Denn durch das Schmelzen der süßwasserhaltigen Gletscher ist zu vermuten, dass das Salzgehalt der Meere sinkt. Aufgrund der Nähe zum Nordatlantikstrom richtet sich der Fokus dabei auf die grönländischen Gletscher, die riesige Wassermassen bergen. Der abnehmende Salzgehalt in der Nordatlantikregion wiederum könnte das Absinken der Wassermassen erschweren und das globale Förderband entscheidend beeinflussen. Ob es in einem solchen Fall dann wirklich zu einem Versiegen des Golfsstromes kommt, ist noch Gegenstand der Forschung und nicht abschließend geklärt.