Als Dissipation versteht man die (teilweise) Umwandlung einer Energieform in thermische Energie, die nicht mehr vollständig zurück in die ursprüngliche Energieform umgewandelt werden kann.
Definition
Das Wort Dissipation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Zerstreuung. Dissipation von Energie bedeutet in der Thermodynamik somit die „Zerstreuung“ einer Energieform (z.B. mechanische Energie) in eine nicht mehr vollständig zurück umwandelbare Energieform (thermische Energie). Reibung ist beispielsweise ein typischer Vorgang bei dem mechanische Energie in thermische Energie umgewandelt wird und nicht mehr vollständig zurück in mechanische Energie umgewandelt werden kann. Mechanische Energie wurde somit (teilweise) in thermische Energie „zerstreut“. Es handelt sich bei der Dissipation von Energie somit um einen nicht-umkehrbaren Prozess (auch als irreversibler Prozess bezeichnet).
Beispiel der Dissipation von Energie durch Reibung
Ein einfaches Beispiel der Dissipation von Energie ist das Rollen eines Spielzeugautos entlang Fahrbahn. Die Fahrbahn startet von einer bestimmen Höhe und führt anschließend bergab. Die Fahrbahn geht dann in einen Looping über und führt anschließend wieder bergauf zum Starpunkt. Das Spielzeugauto startet nun aus der Ruhe heraus vom obersten Punkt. Während der Fahrt wird potentielle Energie in kinetische Energie umgewandelt und umgekehrt. Im reibungsfreien Idealfall erreicht das Fahrzeugt nach der Fahrt wieder die ursprüngliche Höhe und gelangt zum Starpunkt.
In der Realität tritt sowohl an den Rädern des Fahrzeuges Reibung auf (Gleitreibung) als auch zwischen Fahrzeug und Luft (Luftreibung). In diesem Fall erwärmt sich das Fahrzeug bzw. die unmittelbare Umgebung an jenen Stellen, an denen es zu Reibungserscheinungen kommt. Das Auto erreicht in diesem Fall nicht mehr die ursprüngliche Ausgangshöhe. Die Differenz zwischen der potentiellen Energie am Anfang und am Ende entspricht dabei der durch Reibung dissipierten Energie. Dieser Energiebetrag kann nicht mehr zurück in zusätzliche kinetische oder potentielle Energie verwandelt werden, um das Auto in seine Ausgangslage zu bringen. Die ursprüngliche potentielle Energie des Fahrzeuges wurde also teilweise in thermische Energie „zerstreut“.
Dissipation von Energie in der Thermodynamik
Expansion und Kompression eines Gases in einem Zylinder
Auch bei vielen thermodynamischen Prozessen hat man es klassischerweise ebenfalls mit Reibung zu tun, die ein Dissipieren von Energie zur Folge haben. Als Beispiel eines solchen Vorgangs betrachten wir ein Zylinder, der mit einem beweglichen Kolben verschlossen ist. Der Kolben wird nun unter Kraftaufwand in den Zylinder gedrückt. Durch Kompression des Gases steigt aber nicht nur der Druck an. Während der Verdichtung des Gases wird offensichtlich Arbeit am Gas verrichtet, die durch den Kraftaufwand während der Kompression zustande kommt. Die zugeführte mechanische Arbeit wird dabei ebenfalls in thermische Energie, bzw. allgemeiner ausgedrückt, in innerer Energie des Gases umgewandelt. Dies erklärt neben der Druckzunahme eben auch die Erhöhung der Temperatur während der Kompression (siehe hierzu auch den Artikel Warum erhöhen sich Druck und Temperatur bei der Kompression eines Gases?).
Im Idealfall kann als innere Energie gespeicherte Kompressionsarbeit wieder vollständig zurück in mechanische Energie umgewandelt werden (adiabates System vorausgesetzt). Dabei wird der hohe Gasdruck im Zylinder den Kolben wieder mit demselben Arbeitsaufwand zurück in die Ausgangsstellung drücken. Druck und Temperatur sinken nach der Expansion wieder auf den ursprünglichen Wert vor der Kompression.
In der Realität wird allerdings sowohl während der Kompression als auch während der Expansion Reibung zwischen Zylinderwand und Kolben stattfinden. Der energetische Aufwand für die Kompression wird deutlich größer sein als jene mechanische Energie, die durch die Expansion wieder vom Gas abgegeben wird. Die Differenz beider Energien entspricht wiederum der dissipierten Energie. Diese dissipierte Energie verbleibt als innere Energie im System. Die erhöhte innere Energie wiederum macht sich direkt in einer höheren Temperatur des Gases im Vergleich zum reibungsfreien Idealfall bemerkbar (siehe hierzu auch den Artikel Innere Energie von idealen Gasen).
Dissipation von Energie durch einen Rührer
Dissipationsenergien können nicht nur über die im vorherigen Abschnitt erläuterte Reibung zwischen Kolben und Zylinderwand in ein thermodynamisches System gelangen. Dies zeigt sich, wenn ein von außen betriebener Rührer im Zylinderinneren angebracht wird. Je nachdem wie viskos (zähflüssig) sich das Gas verhält, wird das Drehen mit mehr oder weniger starkem Kraftaufwand vonstattengehen. Dies ist letztlich der „Reibung“ zwischen Rührer und Gas geschuldet. Über diesen Arbeitsaufwand, der für das Aufrechterhalten der Rotation erforderlich ist, gelangt ebenfalls Reibungsarbeit (Dissipationsarbeit) in das System. Diese Reibungsarbeit wird wiederum vollständig in innere Energie dissipiert. Somit macht sich das Rühren unter Arbeitsaufwand letztlich in einer Temperaturerhöhung des Gases bemerkbar.
Dieses Phänomen kennt man auch aus dem Alltag, wenn man bspw. mit einem Rührgerät Sahne aufschlägt. Die cremig geschlagene Sahne wird eine höhere Temperatur als die anfänglich flüssige Sahne aufweisen. Häufig hört man als Erklärung in diesem Zusammenhang auch den Satz: „Durch Reibung zwischen Rührgerät und Sahne entsteht Wärme„. Fachsprachlich ist dies allerdings nicht korrekt. Denn eine Wärmezufuhr bedeutet in der Thermodynamik ein Energieübertrag als Folge einer Temperaturdifferenz (siehe Artikel Wärme und thermodynamisches Gleichgewicht). Die Ursache für den Energieübertrag ist im vorliegenden Fall allerdings keine Temperaturdifferenz, sondern sie ist mechanischer Natur.
Dieser Sachverhalt kann mit dem Teilchenmodell auch anschaulich nachvollzogen werden. Die rotierenden Flügel des Rührers prallen mit den im Zylinder befindlichen Gasteilchen zusammen. Hierdurch bekommen die Gasteilchen beim Aufprall einen zusätzlichen Impuls (kinetische Energie) und Fliegen mit höheren Geschwindigkeiten wieder davon. Es wird also (mechanische) Energie vom Rührer auf die Gasteilchen übertragen. Die Situation kann mit einem Tennisspieler verglichen werden, der gerade mit seinem Schläger auf einen Tennisball schlägt. Durch den mit hoher Geschwindigkeit bewegten Schläger wird der Tennisball entsprechend beschleunigt. Auf die analoge Weise werden auch die Gasteilchen durch die Flügel des Rührers beim Aufprall beschleunigt.
Diese Analogie des Tennisspielers macht darüber hinaus deutlich, dass im vorliegenden Fall des Rührers offensichtlich auch dann Energie dissipiert wird, wenn das Gas als ideales Gas betrachtet wird, bei dem keine Reibung im klassischen Sinne existiert. Denn auch dann wird die geordnete Bewegung des Rührers in eine ungeordnete thermische Bewegung der Gasteilchen umgewandelt und kann nicht mehr zurück verwandelt werden (d.h. die Gasteilchen werden zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr in einer geordneten Bewegung den Rührer zum Drehen bringen und die eingebrachte Rotationsenergie wieder nach außen abgeben können). Für die Dissipation von Energie muss also nicht immer eine Reibung im klassischen Sinne vorliegen.
Dissipation von elektrischer Energie
Nicht nur mechanische Energie, sondern auch elektrische Energie kann in innere Energie dissipiert werden. Dies ist im Prinzip bereits beim betrachteten Rührgerät der Fall, sofern das Rührgerät als Teil des Systems betrachtet wird. In diesem Fall gelangt elektrische Energie über die Systemgrenze, die durch den Mixer in innere Energie dissipiert wird. Beachte, dass um beurteilen zu können welche Energieform dissipiert wird, einzig die über die Systemgrenze transportierte Energieform entscheidend ist.
Dies kann dazu führen, dass man auch bei einer Heizwendel von Dissipationsenergie spricht, sofern sich diese im Systeminneren befindet und von außen elektrisch betrieben wird. Obwohl die Heizwendel Wärme auf das Gas überträgt, handelt es sich bei diesem Vorgang nicht um einen Wärmeumsatz, sondern um einen Arbeitsumsatz (Dissipationsarbeit).
In diesem Fall gelangt nämlich elektrische Energie über die Systemgrenze. Ob mit dieser Energie nun eine Heizwendel oder ein Mixer betrieben wird, spielt nachdem die Energie über die Systemgrenze geflossen ist keine Rolle mehr. Wäre die Heizwendeln hingegen außerhalb des Systems angebracht, dann würde man von Wärmeenergie reden, die dem System von außen zugeführt wird. In dem vorliegenden Fall wird die elektrische Energie erst im Systeminneren in Wärmeenergie umgewandelt und früher oder später ebenfalls in innere Energie dissipiert. Deshalb zählt dieser Dissipationsvorgang zu den Arbeitsformen (Dissipationsarbeit) und wird nicht als Wärmeumsatz bezeichnet.
Beachte, dass es sich bei reibungsbehafteten Vorgängen zwar immer um Dissipationsprozesse handelt, jedoch muss umgekehrt ein Dissipieren von Energie nicht immer auf Reibung zurückzuführen sein. Dies zeigt gerade das Beispiel der elektrisch betriebenen Heizwendel, bei welchem Reibung keine Rolle spielt und trotzdem Energie dissipiert wird.