Erfahre in diesem Artikel mehr über den Aufbau und die Funktion des Planetengetriebes in einer Drei-Gang-Nabenschaltung.
Aufbau und Funktion
Die untere Abbildung zeigt schematisch den Aufbau einer 3-Gang-Nabenschaltung wie sie in Fahrrädern wiederzufinden ist.
Herzstück der Drei-Gang-Nabenschaltung bildet das Planetengetriebe. Dabei ist das Sonnenrad fest auf der Nabenachse montiert, welche ihrerseits drehfest mit dem Fahrradrahmen verbunden ist. Die Nabenachse bzw. das Sonnenrad führt während der Fahrt somit keinerlei Bewegung aus. Um das Sonnenrad laufen die Planetenräder, die ihrerseits auf dem Planetenradträger (Steg) befestigt sind und vom Hohlzahnrad umschlossen werden.
Durch die Nabenachse ist die Schaltstange geführt, die an ihrem Ende mit einem Schaltbolzen versehen ist. Der Schaltbolzen wird in einem Langloch geführt und kann somit je nach Gangwahl eine axial verschiebbare Schiebekupplung per Federkraft in verschiedene Positionen bringen. Die Stellung der Schiebekupplung wird über einen Schaltzug (meist ein Drahtseil) gesteuert, an dessen Ende der Schalthebel sitzt.
Über die Fahrradkette wird das Ritzel angetrieben, welches auf dem Mitnehmer sitzt und drehfest mit diesem verbunden ist. Der Mitnehmer nimmt bei seiner Rotation die axial verschiebbare Schiebekupplung formschlüssig mit.
Zur Drehmomentübertragung ist die Schiebekupplung am Umfang mit Keilen versehen („Verzahnung“), die formschlüssig in den Mitnehmer greifen. Je nach Gangwahl wird die Rotation der Schiebekupplung – ebenfalls über Keile – entweder auf das Hohlzahnrad (1. und 2. Gang) oder auf den Steg (3. Gang) übertragen. Auf die verschiedenen Gänge wird im nächsten Abschnitt näher eingegangen.
Schaltvorgänge
In diesem Abschnitt sollen die Schaltvorgänge der 3-Gang-Nabenschaltung näher erläutert werden. In allen Gängen treibt zunächst das Ritzel den Mitnehmer an, welcher das Drehmoment wiederum auf die Schiebekupplung überträgt. Je nach Stellung der Schiebekupplung ergeben sich die insgesamt drei Gänge.
1. Gang
Im ersten und zweiten Gang greift die Schiebekupplung in das Hohlzahnrad des Planetengetriebes. Im ersten Gang treibt dieses Hohlzahnrad die Planetenräder um das feststehende Sonnenrad. Hierdurch wird der Steg angetrieben auf dem die Planetenräder sitzen. Die am Steg angebrachten Sperrklinken greifen dabei in die Aussparungen der Nabenhülse und treiben dieses somit an. Die Nabenhülse dreht sich und mit ihr das daran befestigte Rad.
Der Steg rotiert im ersten Gang mit einer geringeren Drehzahl im Vergleich zum Hohlzahnrad, wobei sich das Hohlzahnrad mit der Frequenz des Ritzels dreht. Man erhält damit eine Übersetzung ins Langsame. Das Drehmoment wird im selben Maße wie sich die Drehzahl verringert gesteigert. Man erhält somit eine relativ große Kraft auf das Hinterrad wie es für einen ersten Gang üblich ist.
2. Gang
Für das Schalten in den zweiten Gang wird der Schalthebel „gelockert“ und der Schaltzug verlängert sich. Sowohl die Schiebekupplung als auch die Überholkupplung (Freilauf) bewegen sich durch die Kraft der Feder schließlich nach vorne. Hierdurch rücken auch die Sperrklinken der Überholkupplung aus und greifen nun in die Aussparungen des Kupplungsgehäuses (im ersten Gang sind die Sperrklinken im Kupplungsgehäuse eingefahren und somit nicht aktiv). Das Kupplungsgehäuse ist direkt in die Nabenhülse eingeschraubt und somit fest mit diesem verbunden.
Das vom Ritzel erzeugte Drehmoment wird somit direkt über Mitnehmer, Schiebekupplung und Kupplungsgehäuse an die Nabenhülse weitergebenen. Es handelt sich praktisch um eine durchgehend „starre“ Verbindung aller kraftübertragender Komponenten. Die Drehzahl bzw. das Drehmoment am Ritzel entspricht somit direkt der Drehzahl bzw. dem Drehmoment am Hinterrad. Das Planetengetriebe wird somit umgangen und man erhält eine 1:1 Übersetzung (Direktantrieb).
Anmerkung: Zwar wird im zweiten Gang über das Hohlzahnrad auch gleichzeitig der Planetenradträger angetrieben, jedoch ermöglicht die entsprechende Überholkupplung, dass die schneller rotierende Nabenhülse den Steg in den Freilauf versetzt und somit gar nicht an der Kraftübertragung aktiv teilnimmt (siehe hierzu Abschnitt Überholkupplung).
3. Gang
Beim Schalten in den dritten Gang wird der Schaltzug durch Betätigen des Schalthebels nochmals „gelockert“. Da jedoch die Überholkupplung des Hohlrades bereits am Anschlag ist, kann dieses diesmal nicht weiter ausrücken. Hierdurch schiebt sich lediglich die Schiebekupplung weiter nach vorne und rückt vom Hohlzahnrad nun in den Steg.
Somit wird im dritten Gang nun direkt der Steg vom Ritzel angetrieben und treibt die Planetenräder um das feststehende Sonnenrad. Dementsprechend setzt sich nun das Hohlzahnrad in Bewegung wobei dieses mit einer höheren Drehzahl als der Planetenradträger rotiert. Man erhält schließlich eine Übersetzung ins Schnelle wie es für einen höheren Gang üblich ist.
Die größer Drehzahl des Hohlzahnrades wird über die mit Stiften angebrachte Überholkupplung auf das Kupplungsgehäuse und dann auf die Nabenhülse übertragen. Wie bereits im zweiten Gang so wird auch im dritten Gang der langsamer als das Hohlzahnrad rotierende Steg über dessen Überholkupplung wieder in den Freilauf versetzt.
Der Dritte Gang verhält sich somit übersetzungstechnisch gerade umgekehrt wie der erste Gang. Im ersten Gang wird über das Hohlzahnrad der Steg angetrieben und im dritten Gang treibt der Steg das Hohlzahnrad an. Somit sind die Übersetzungsverhältnisse gerade reziprok zueinander.
Überholkupplung
Die im vorangegnangenen Abschnitt erwähnten Sperrklinken gehören zur sogenannten Überholkupplung. Diese Überholkupplung hat die Aufgabe die Drehmomentübertragung in eine Drehrichtung zu ermöglichen und in die entgegengesetzte Richtung zu sperren, d.h. keine Drehmomentübertragung zuzulassen.
Die Sperrklinken sind lediglich in die Aussparungen der Überholkupplung eingelegt und mit einem Drahtring gesichert. Dieser Drahtring dient zusätzlich als eine Art „Feder“, die versucht ist die Sperrklinken aufzurichten. Auf diese Weise wird erreicht, dass die Sperrklinken sofort in die vorgesehenen „Rampen“ des Kupplungsgehäuses einrasten.
Aufgrund der „Rampenform“ kann die Nabenhülse auch dann rotieren, wenn das Ritzel (Sonnenradachse) und somit der gesamte Antriebsstrang stillsteht. Dies hat den Vorteil, dass die Pedale während der Fahrt nicht permanent mitrotieren müssen sondern bspw. bei Bergabfahren stillstehen können. Im Falle eines solchen Freilaufs rutschen die Sperrklinken dann einfach über die „Rampen“ des Sägezahn-Profils. Dies erklärt auch das typische „Ratschen“ bei stillstehenden Pedalen und rotierenden Rädern. Wird die Rotationsgeschwindigkeit der Überholkupplung wieder erhöht, dann rastet die Sperrvorrichtung beim Angleichen der Rotationsgeschwindigkeiten über den Federmechanismus wieder in das Kupplungsgehäuse ein.
Im Freilauf kann das Kupplungsgehäuse die Sperrklinken sozusagen „überholen“ aber nicht umgekehrt, was dieser Vorrichtung den Namen Überholkupplung verleiht (auch Sperrvorrichtung, Freilauf, Freilaufsperre oder Freilaufgesperre genannt).
Insgesamt sind in der Drei-Gang-Nabenschaltung zwei Überholkupplungen verbaut. Eine weitere findet ist direkt am Steg angebracht. Diese ist deshalb erforderlich, da bei Planetengetriebe der Steg grundsätzlich langsamer rotiert als das Hohlzahnrad. Gerade im zweiten und dritten Gang erfolgt der Abtrieb nämlich über das Hohlzahnrad und dieses muss schneller rotieren können als der Steg. Für diese Fälle muss also der Steg in einen Freilauf gesetzt werden können (aus Gründen der Übersichtlichkeit ist der Steg in der unteren Animation nicht dargestellt sondern lediglich dessen Sperrklinken und der Drahtring).