Im allgemeinen sind die Komponenten von Legierungen nur begrenzt ineinander löslich. In diesem Fall bildet sich ein Gemisch aus Mischkristallen.
Einleitung
Eine vollkommene Löslichkeit bzw. vollkommene Unlöslichkeit der Komponenten eines Zweistofflegierungssystems stellen lediglich Spezialfälle dar. Im Allgemeinen sind die Komponenten weder vollkommen unmischbar noch vollkommen mischbar (nur bei einer lückenlosen Substitutionsmischkristallreihe besteht eine vollkommene Löslichkeit).
In der Realität lässt sich eine Legierungskomponente B immer bis zu einem gewissen Grad in der Basiskomponente A lösen und umgekehrt. Man erhält also im Allgemeinen stets eine begrenzte Löslichkeit der Komponenten im festen Zustand.
Bei einer Teillöslichkeit der Komponenten einer Legierung bildet das Gefüge letztlich ein Kristallgemisch aus Mischkristallen. Im Kristall der Atomart A lassen sich dann bis zu einem bestimmten Prozentsatz B-Atome einlagern. Umgekehrt gilt dies auch für den B-Kristall, in dessen Gitter sich bis zu einem gewissen Grad A-Atome darin lösen lassen.
Lesen des Phasendiagramm
In den folgenden Abschnitten wird auf ein fiktives AB-Legierungssystem näher eingegangen, deren Komponenten A und B sich im festen Zustand nur begrenzt ineinander lösen lassen. Auf die Erstellung des entsprechenden Phasendiagramms anhand ausgewählter Abkühlkurven wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen. Grundsätzliche Informationen finden sich hierzu im Kapitel der Mischkristalllegierungen.
Ein typisches Phasendiagramm eines Legierungssystems mit begrenzter Löslichkeit zeigt die untere Abbildung. Dieses soll im Folgenden näher diskutiert werden.
Mischkristallines Grundgefüge mit Ausscheidungen
Werden die Löslichkeitsgrenzen der Komponenten im jeweils anderen Gitter nicht überschritten, dann wird die Legierung zunächst genauso erstarren wie eine Mischkristalllegierung deren Komponenten sich vollständig ineinander lösen. Denn schließlich ist unterhalb der Löslichkeitsgrenze eine vollkommene Mischbarkeit gegeben. Die Abkühlkurve einer solchen Legierung zeigt zunächst den bekannten Erstarrungsbereich (Knickpunkt) innerhalb dessen die Legierung vollständig erstarrt. Im Folgenden soll für diesen Fall exemplarisch die Legierung AB10 betrachtet werden, die zu 10 % aus B-Atomen besteht.
Bei der Erstarrung der Legierung AB10 wird im Phasendiagramm zunächst das bekannte Zweiphasengebiet, bestehend aus Schmelze und Mischkristallen, durchlaufen. Die Phasenzusammensetzung kann in diesem Zweiphasengebiet wieder über das Fällen des Lotes an der Liquiduslinie (Zusammensetzung der Schmelze) bzw. Soliduslinie (Zusammensetzung der Mischkristalle) ermittelt werden. Ebenfalls können die Phasenanteile bei einer bestimmten Temperatur wiederum über das Hebelgesetz ermittelt werden.
Unmittelbar nach dem Erstarren ist die Komponente B aufgrund deren relativ geringen Konzentration mit 10 % vollständig im Gitter des Basisstoffes A gelöst. Die Löslichkeit nimmt mit sinkender Temperatur jedoch im Allgemeinen ab. Dies kann anschaulich mit den abnehmenden Gitterschwingungen bei sinkender Temperatur erklärt werden. Denn mit geringer werdenden Gitterschwingungen nimmt auch der Raum zwischen den Atomen ab. Darin eingelagerte Atome können dann nicht mehr im Gitter gehalten werden und werden sozusagen aus der Gitterstruktur „gepresst“.
Diese Löslichkeitsgrenze ab der eingelagerte Atome aus Gitterstruktur ausgeschieden werden, wird im Phasendiagramm auch als Segregatlinie bezeichnet (lat.: segregare = „ausscheiden“). Die Bildung der Ausscheidungen wird Segregation genannt.
Als Segregation bezeichnet man das Ausscheiden einer Phase aus einer vorhandenden Struktur aufgrund der Löslichkeitsgrenze!
Die Segregatlinien für die jeweiligen Komponenten sind im Phasendiagramm lila bzw. grün dargestellt. Sie geben folglich die maximale Löslichkeit der eingelagerten Komponente wieder.
Mit sinkender Temperatur nimmt die Löslichkeit der Komponenten im jeweils anderen Gitter ab!
Anhand der Segregatlinie wird deutlich, dass der Basisstoff A bei einer Temperatur von 700 °C seine maximale Lösungsfähigkeit besitzt und dabei 20 % B-Atome aufnehmen kann. Bei dieser Temperatur bleiben somit zunächst die gesamten B-Atome der Legierung im A-Gitter gelöst.
Mit sinkender Temperatur nimmt jedoch die Löslichkeit mehr und mehr ab. So sind bei einer Temperatur von 600 °C nur maximal 15 % und bei 500 °C nur noch maximal 12 % B-Atome im A-Gitter lösbar.
Bei 400 °C wird schließlich exakt die vorhandene Lösungskonzentration von 10 % B-Atome erreicht. Die Gitterstruktur der Basiskomponente A kann bei dieser Temperatur also gerade noch die gesamten B-Atome lösen. Man spricht dann auch von einem sogenannten gesättigten \(\alpha\)-Mischkristall.
Als \(\alpha\)-Mischkristall bezeichnet man einen Mischkristall, der hauptsächlich aus der Basiskomponente der Legierung besteht, und darin relativ geringe Mengen an Legierungselementatomen gelöst hat!
Wird von diesem Zustand weiter abgekühlt, dann können offensichtlich weniger B-Atome im A-Gitter gelöst werden als bisher noch im Mischkristall vorhanden sind. So weist der Mischkristall bisher noch 10 % B-Atome auf, jedoch können bei 300 °C nur maximal 9 % und bei 200 °C nur noch 8 % gelöst werden. Das „Zuviel“ an B-Atomen, die nicht mehr gelöst werden können, werden deshalb aus dem Gitter ausgeschieden. Der \(\alpha\)-Mischkristall bleibt somit immer gerade bis zur maximalen Löslichkeit gesättigt.
Dabei werden sich jedoch keine reinen B-Kristalle bilden. Vielmehr werden sich B-reiche \(\beta\)-Mischkristalle bilden bzw. aus dem Gitter ausscheiden (auch \(\beta_{seg}\)-Mischkrisalle genannt). Die chemische Zusammensetzung der \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle kann durch Fällen des Lotes bei der entsprechenden Segregatlinie ermittelt werden (hier: 78 % B; 22 % A). Die ausgeschiedenen \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle enthalten also grundsätzlich auch immer eine gewisse Menge an A-Atomen!
Als \(\beta\)-Mischkristall bezeichnet man einen Mischkristall, der hauptsächlich aus der Legierungskomponente besteht, und darin relativ geringe Mengen des Basisstoffes gelöst hat!
Wie groß der Anteil an ausgeschiedenen \(\beta_{seg}\)-Mischkristallen insgesamt ist, kann bei gegebener Temperatur über das Hebelgesetz bestimmt werden. Bei einer Temperatur von 200 °C ergibt sich ein Pasenanteil an \(\beta_{seg}\)-Mischkristallen von etwa 4 % und entsprechend ein Phasenanteil der \(\alpha\)-Mischkristalle von ca. 96 % :
\begin{align}
\underline{\beta_{seg}} &= \frac{10-7}{78-7} \cdot 100 \text{ %} = \underline{4 \text{ %}} \\[5px]
\underline{\alpha} &= \frac{(78-10)}{(78-7)} \cdot 100 \text{ %} = \underline{96 \text{ %}} \\[5px]
\end{align}
Das Ausscheiden der Mischkristalle bei Unterschreiten der Löslichkeitsgrenze geschieht durch Diffusionsprozesse. Diese laufen aufgrund der geringen Temperatur und dem bereits vorhandenen Kristallgefüge relativ träge ab. Die Ausscheidungen sind deshalb oftmals auf sehr kleine Bereiche begrenzt und finden bevorzugt an energetisch günstigen Stellen wie Korngrenzen, Versetzungen, Einschlüsse, Leerstellen, etc. statt.
Im weiteren Abkühlverlauf sinkt die Löslichkeit der B-Atome im Gitter der Komponente A mehr und mehr. Es werden deshalb weiter B-Atome in Form von B-reichen \(\beta\)-Mischkristallen ausgeschieden, wobei sich auch deren chemische Zusammensetzung permanent ändert wie anhand der Segregatlinie abgelesen werden kann.
Beachte, dass sich die gesamten Ausscheidungsvorgänge im bereits vollständig erstarrten Zustand vollziehen.
Eutektisches Gefüge
Das Phasendiagramm enthält neben dem für Mischkristalllegierungen typischen linsenförmigen Erstarrungsbereich auch die für Kristallgemischlegierungen typisch fallenden Liquiduslinien, welche sich in einem gemeinsamen Punkt treffen. Es handelt sich dabei um den bereits bekannten eutektischen Punkt. Die Gefügebildung ist für die eutektische AB40-Legierung ähnlich zu der bei reinen Kristallgemischlegierungen. Eine solche Legierung erstarrt wiederum nicht in einem Temperaturbereich mit einem Knickpunkt in der Abkühlkurve sondern in einem Haltepunkt bei konstanter Temperatur.
Unterschied besteht lediglich darin, dass beim Erstarrungsvorgang keine reinen Kristalle mit der Atomart A bzw. B gebildet werden sondern \(\alpha\)-Mischkristalle und \(\beta\)-Mischkristalle. Die jeweiligen Komponenten enthalten in ihren Gitterstrukturen gemäß ihrer Löslichkeit die jeweils andere Atomart. Unmittelbar nach der Erstarrung kann aus dem Phasendiagramm für den \(\alpha\)-Mischkristall eine Zusammensetzung von 80 % A und 20 % B abgelesen werden (siehe Abbildung oben). Für den \(\beta\)-Mischkristall ergibt sich entsprechend dessen Löslichkeit eine Zusammensetzung von 30 % A und 70 % B. Wie bei eutektischen Legierungen üblich liegt aufgrund der starken Unterkühlung ein sehr feinkörniges bzw. feinlammellares Gefüge vor.
Im weiteren Verlauf der Abkühlung ändert sich dann die Zusammensetzung der beiden unterschiedlichen Mischkristalle durch Diffusionsprozesse. So besteht der \(\alpha\)-Mischkristall bei Raumtemperatur (~0 °C) schließlich aus 95 % A und 5% B und der \(\beta\)-Mischkristall aus 20 % A und 80 % B. Über das Hebelgesetz können schließlich auch die Gefügeanteile ermittelt werden. In diesem Fall nimmt der \(\alpha\)-Mischkristall einen Gefügeanteil von rund 53 % und der \(\beta\)-Mischkristall einen Gefügeanteil von ca. 47 % ein. Weitere grundlegende Informationen zur Bestimmung der Gefügeanteile finden sich im Abschnitt Kristallgemischlegierungen wieder.
Untereutektisches Grundgefüge mit Ausscheidungen
Im Folgenden wird die untereutektische Legierung AB25 betrachtet. Diese Legierung wird in einem Erstarrungsbereich zwischen 960 °C und 700 °C kristallisieren. Dabei wird werden sich bei Erreichen der Liquiduslinie zunächst \(\alpha\)-Mischkristalle ausscheiden. Deren Zusammensetzung kann durch Fällen des Lotes an der Soliduslinie ermittelt werden. So bestehen die \(\alpha\)-Mischkristalle bei einer Temperatur von 800 °C zu 13 % aus B Atomen (bzw. zu 87 % aus A-Atomen).
Das Ausscheiden der A-reichen \(\alpha\)-Mischkristalle führt dazu, dass die Schmelze an A-Atomen verarmt. Folglich nimmt die Konzentration an B-Atomen in der Schmelze zu. Die Zunahme der Konzentration kann für die Schmelze durch Fällen des Lotes an der Liquiduslinie ermittelt werden.
Bei 800 °C hat die Restschmelze eine Konzentration von 34 % B. Es wird offensichtlich, dass sich die Schmelze mit sinkender Temperatur gemäß der Liquiduslinie mehr und mehr der eutektischen Zusammensetzung annähert. Schließlich ist das eutektische Verhältnis in der Restschmelze mit 40 % B bei 700 °C erreicht. Die Restschmelze verhält sich nun wie eine eutektische AB40-Legierung und erstarrt in einem Haltepunkt zum Eutektikum (fein verteilte \(\alpha\)- und \(\beta\)-Mischkristalle).
Die aus der Schmelze ausgeschiedenen \(\alpha\)-Mischkristalle besitzen unmittelbar nach dem vollständigen Erstarren des Gefüges eine gemäß dem Punkt P entsprechende Zusammensetzung (20 % B). Die Löslichkeit der B-Atome in diesem \(\alpha\)-Mischkristall nimmt mit sinkender Temperatur nun jedoch ab. Es werden bei weiterer Abkühlung deshalb B-Atome in Form von \(\beta_{seg}\)-Mischkristallen an den Korngrenzen ausgeschieden. Deren Zusammensetzung kann wiederum an der entsprechenden Segregatlinie (grün) abgelesen werden.
So weisen die \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle bei einer Temperatur von 200 °C eine Konzentration an B-Atomen von ca. 79 % auf, während die \(\alpha\)-Mischkristalle nur 7 % B-Atome beinhalten. Letztere Konzentration gilt sowohl für die aus der Schmelze primär ausgeschiedenen \(\alpha\)-Mischkristalle als auch für die \(\alpha\)-Mischkristalle des aus der Schmelze entstandenen Eutektikums!
Bei Raumtemperatur liegt somit ein eutektisches Grundgefüge vor (bestehend aus feinverteilten \(\alpha\)- und \(\beta\)-Mischkristallen), mit darin eingebetteten \(\alpha\)-(Primär-)Mischkristalle sowie die an den Korngrenzen infolge der abnehmenden Löslichkeit ausgeschiedenen \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle.
Übereutektisches Grundgefüge mit Ausscheidungen
Die Vorgänge für eine übereutektische Legierung sind analog wie bei einer untereutektischen Legierung. Unterschied besteht lediglich darin, dass nach Erreichen der Liquiduslinie \(\beta\)-Mischkristalle aus der Schmelze ausgeschiedenen werden. Die Konzentration der B-Atome wird bei weiterer Abkühlung gemäß der Liquiduslinie abnehmen. Ist schließlich die eutektische Zusammensetzung in der Restschmelze erreicht, dann wird diese zum Eutektikum erstarren.
Wird die Löslichkeitsgrenze der primär aus der Schmelze ausgeschiedenen \(\beta\)-Mischkristalle unterschritten, dann scheiden sich diesmal A-reiche \(\alpha\)-Mischkristalle an den Korngrenzen aus. Das Gefüge besteht dann bei Raumtemperatur aus einem eutektischen Grundgefüge mit darin enthaltenen \(\beta\)-Primärmischkristalle sowie den an den Korngrenzen ausgeschiedenen \(\alpha_{seg}\)-Mischkristalle.
Mischkristallines Gefüge ohne Ausscheidungen
Bei Legierungskonzentrationen unter 5 % B liegt die Löslichkeitsgrenze bis runter auf Raumtemperatur stets über der vorhandenen Legierungskonzentration. In diesem Fall findet weder eine eutektische Erstarrung statt (die Schmelze ist vollständig erstarrt bevor diese die eutektische Zusammensetzung hätte erreichen können) noch eine Ausscheidung, da stets die gesamten B-Atome im Wirtsgitter gelöst werden können. Das Gefüge besteht in diesem Fall aus einer einzigen Mischkristallphase (\(\alpha\)-Mischkristall).
Dieselbe Situation ergibt sich prinzipiell auch für Legierungen die gemäß dem Phasendiagramm eine Legierungskonzentration von über 80 % B-Atome aufweisen. In diesem Fall besteht das Gefüge aus lediglich einer \(\beta\)-Mischkristallphase.
Gefügediagramm
Um die Gefügeanteile bei Raumtemperatur relativ einfach zu ermitteln ist es hilfreich sich ein entsprechendes Gefügediagramm zu erstellen. Die Erstellung erfolgt prinzipiell auf dieselbe Weise wie im Falle der Kristallgemischlegierung – durch Anwenden des Hebelgesetzes im Phasendiagramm bei Raumtemperatur (~ 0 °C).
Zunächst besteht das Gefüge bis zu einem Legierungselementanteil von 5 % vollständig aus untersättigten \(\alpha\)-Mischkristallen. Bei höheren Konzentrationen scheiden sich aufgrund der begrenzten Löslichkeit vermehrt \(\beta\)-Mischkristalle aus (\(\beta_{seg}\)). Die meisten \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle werden sich dann bilden, wenn das Gefüge unmittelbar nach der Erstarrung vollständig gesättigt vorliegt, sodass sich bei weiterer Abkühlung sofort \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle ausscheiden. Dies ist bei einer Legierungskonzentration von 20 % B der Fall. Aufgrund der linearen Verschiebung des gedachten Auflagepunktes bei Anwendung des Hebelgesetzes nimmt der Gefügeanteil der ausgeschiedenen \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle ebenfalls linear bis zum besagten Maximum zu.
Bei höheren Konzentrationen an B-Atomen entstehen nun zusätzlich eutektische Gefügeanteile (\(Eu\)), während der Anteil an ausgeschiedenen \(\beta_{seg}\)-Mischkristalle wieder abnimmt. Die eutektischen Gefügeanteile nehmen bis zur eutektischen Zusammensetzung linear zu und erreichen dort schließlich 100 %.
Übereutektische Legierungen scheiden aus der Schmelze \(\beta\)-Mischkristalle aus, bevor sich das Eutektikum bildet. Mit steigender Legierungskonzentration im übereutektischen Bereich nehmen deshalb die eutektischen Gefügeanteile zu Gunsten der \(\beta\)-Mischkristalle ab. Zusätzlich steigt aufgrund der begrenzten Löslichkeit der Anteil an ausgeschiedenen \(\alpha_{seg}\)-Mischkristalle. Das Maximum der \(\alpha_{seg}\)-Ausscheidung erhält man schließlich bei 70 % B, da dort die gebildeten \(\beta\)-Mischkristalle unmittelbar nach der Erstarrung maximal gesättigt sind und sich somit direkt \(\alpha_{seg}\)-Mischkristalle ausscheiden. Das Gefüge enthält in diesem Fall kein Eutektikum mehr, da dieses erstarrt ist bevor sich die eutektische Zusammensetzung in der Schmelze hätte bilden können.
Bei weiterer Erhöhung der Legierungskonzentration nimmt die \(\alpha_{seg}\)-Mischkristallausscheidung wiederum bis zur maximalen Löslichkeitsgrenze von 80 % B ab und erreicht dort schließlich null. Von da an besteht das Gefüge nur noch aus untersättigten \(\beta\)-Mischkristallen.
Anmerkung: Der Konzentrationsbereich zwischen den reinen Mischkristallgefügen, innerhalb dessen mehrere Phasen im Gefüge auftreten, wird auch als Mischungslücke bezeichnet.
Alterung und Auslagerung
Die durch Diffusionsprozesse ablaufenden Ausscheidungsvorgänge bei Unterschreiten der Löslichkeitsgrenze benötigen grundsätzlich Zeit. Diese Zeit kann dem Werkstoff jedoch durch rasche Abkühlung (Abschrecken genannt) genommen werden. Dies führt dann dazu, dass ein Teil der normalerweise nicht löslichen Legierungselementatome im Basisgitter zwangsgelöst bleibt, da ihnen die Zeit genommen wird um ausdiffundieren zu können. Dies führt zur entsprechend starken Gitterverzerrungen und kann zu enormen Festigkeitssteigerungen führen, da die Versetzungsbewegung durch die Gitterverzerrungen und die zwangsgelösten Atome erschwert wird.
Die Mischkristalle liegen bei rascher Abkühlung auf Raumtemperatur somit im übersättigten Zustand vor und befinden sich nicht im thermodynamischen Gleichgewicht. Grundsätzlich ist jedoch jedes System bestrebt ein thermodynamisches Gleichgewicht anzustreben. Deshalb werden sich mit der Zeit auch bei Raumtemperatur Ausscheidungen aus dem übersättigten Mischkristall bilden. Aufgrund der geringen Diffusionsfähigkeit bei solch niedrigen Temperaturen nimmt dieser Vorgang jedoch wesentlich mehr Zeit in Anspruch. Dies kann eine Frage von Tagen, Wochen, Monaten oder gar Jahren sein. Mit dem Anstreben des thermodynamischen Gleichgewichtszustandes bzw. dem nachträglichen Bilden von Ausscheidungen ändern sich über die Zeit dann natürlich auch die ursprünglichen Eigenschaften des Werkstoffes. Man bezeichnet diesen Prozess auch als Alterungsprozess bzw. kurz als Altern.
Als Altern bezeichnet man die (meist negative) Eigenschaftsänderung eines Werkstoffes durch Ausscheidungsvorgänge!
Der Alterungsprozess nimmt mit steigender Temperatur zu, da bei höheren Temperaturen auch die Diffusionsvorgänge entsprechend rascher ablaufen. Somit kann ein Werkstoff durch Erwärmung künstlich gealtert werden, um die Auswirkungen von Alterungsprozessen in wirtschaftlichen Zeiten untersuchen zu können. Alterungserscheinungen bei Stählen sind primär auf Stickstoff und Kohlenstoff zurückzuführen. Diese scheiden sich im Laufe der Zeit in Form von Eisennitrid und Eisencarbid aus dem übersättigten Ferritgitter aus und sorgen für eine unerwünschte Versprödung des Stahls.
Alterungsprozesse müssen jedoch nicht immer negativen Einfluss auf die Werkstoffeigenschaften haben. Teilweise entstehen die gewünschten Gebrauchseigenschaften auch erst mit dem Bilden von Ausscheidungen und somit mit dem Alterungsprozess (siehe auch Ausscheidungshärtung).
Dies ist bspw. bei sogenannten ausscheidungshärtbaren Aluminiumlegierungen der Fall. Ein wichtiger Werkstoffvertreter ist in diesem Zusammenhang das sogenannte Duralumin; eine Legierung aus Aluminium und Kupfer sowie weiteren Legierungselementen wie Eisen und Magnesium. Unmittelbar nach dem Abschrecken ist diese Legierung relativ weich und kann gut umgeformt bzw. verarbeitet werden. Erst durch den anschließenden Alterungsprozess von ein bis zwei Tagen erreicht die Legierung ihre hohe Gebrauchsfestigkeit und Gebrauchshärte. In diesem Fall wird der gezielt gewünschte Alterungsprozess auch als Auslagerung bezeichnet. Findet die Auslagerung bei Raumtemperatur statt so spricht man von Kaltauslagerung. Im Gegensatz hierzu findet bei der Warmauslagerung der Auslagerungsprozess bei höheren Temperaturen statt.
Als Auslagerung bezeichnet man den gewollten Alterungsprozess eines Werkstoffes, um die Gebrauchseigenschaften zu erhalten!